Marilen Benner

CHAPTER 11 268 Die Bedeutung des Immunsystems bei der Plazentabildung Unser Immunsystem erkennt jede körperfremde Zelle und reagiert auf diese zum Schutz vor Infektionen mit einer Abwehr-, beziehungsweise Entzündungsantwort. Auch fötale Zellen werden vom maternalen Immunsystem entdeckt, da die genetische Information dieser Zellen zur Hälfte vom Vater stammt und sie damit nur zu 50% körpereigen sind. Dennoch werden sie nicht aktiv bekämpft; die Trophoblastzellen dürfen trotz ihrer Fremdheit in die Spiralarterien eindringen um die plazentale Verbindung zwischen Mutter und Kind zu initiieren. Dies wird allgemein als ein „immunologisches Paradox“ betrachtet. Anders als bei einer Abstoßungsreaktion, die bei einer Organtransplantation nach der Erkennung des gespendeten, fremden Gewebes auftritt, stellt die immunologische Reaktion auf die fötalen Zellen keine Bedrohung für die Schwangerschaft dar. Stärker noch, ein gewisser Grad an Entzündungsreaktion innerhalb der Dezidua ist sogar förderlich um die notwendige Verbindung zwischen Mutter und Embryo herzustellen. Das korrekte Funktionieren des Immunsystems ist von einer kontinuierlichen Balance zwischen Immunaktivierung und -toleranz abhängig. Jede Abwehrreaktion wird durch regulierende Zellen gedämpft um eine optimale Kontrolle des Entzündungsniveaus zu gewährleisten. Für eine gesunde Schwangerschaft ist es von äußerster Bedeutung, dass die Aktivierung des Immunsystems niedrig gehalten wird und nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Erhöhte Spiegel von Entzündungsfaktoren können die plazentale Entwicklung stören oder gar zur Frühgeburt führen, was mit negativen Folgen für das heranwachsende Kind einhergeht. Das Forschungsgebiet der Reproduktionsimmunologie beschäftigt sich mit den besonderen Kontrollmechanismen, die beim Heranwachsen der Plazenta und dem Verlauf jeder Schwangerschaft eine wichtige Rolle spielen. Diese Prozesse zur Immunregulierung lassen sich in 3 Hauptthemen zusammenfassen: 1. Anpassungen der Trophoblasten um eine starke Abwehrreaktion zu unterdrücken. 2. Besondere Eigenschaften der systemischen (Blut) und lokalen (Gebärmutter) mütterlichen Abwehrzellen während der Schwangerschaft. Dezidua Differenziertes Endometrium, ab dem Ende des Menstruationszykluses. Funktioneller Teil der Schleimhaut, der bei der Einnistung der Eizelle und der Verankerung der Plazenta mitwirkt.

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